Papst Franziskus war bei seiner Südostasienreise ganz in seinem Element. Denn er konnte sich dort erneut eifrig für den „interreligiösen Dialog“ engagieren. Liest man die mittlerweile veröffentlichten Ansprachen des Papstes, genießt dieser Dialog einen nachgerade sakralen Erhabenheitsstatus, der sich aus beeindruckenden moralischen Prädikationen speist. Denn der beabsichtigte Dialog zielt in seinem Wesen auf Einheit, Geschwisterlichkeit, Harmonie und Einklang. Zentral ist beim bergoglianischen Dialogbegriff das „Aufspüren des Verbindenden“, also all dessen, was uns zueinanderführt, indem es uns das in Wahrheit immer schon Identische entdecken läßt – wie es eben der unterirdische „Tunnel der Freundschaft“ zwischen der Istiqlal-Moschee und der Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale in Jakarta symbolisiert.
Mit der Erfahrung der Gemeinsamkeit im Gemeinsamen ist der bergoglianische Dialogbegriff aber noch nicht zureichend bestimmt. Nicht nur in explizit interreligiösen, sondern in überhaupt allen Zusammenhängen versteht Franziskus den dia-logos weitergehend als eine stuhlkreisartige Begegnung im Sinne des urteilsfreien Nebeneinanderlegens von Sichtweisen und Empfindungen, von dem, was jedem persönlich wichtig ist. Das kann sich fundamental unterscheiden, aber die Differenz spielt keine Rolle. Denn es geht vorrangig darum, „zusammen zu leben, uns unter die anderen zu mischen, einander zu begegnen, uns in den Armen zu halten, uns anzulehnen, teilzuhaben an dieser etwas chaotischen Menge, die sich in eine wahre Erfahrung von Brüderlichkeit verwandeln kann“ (Evangelii Gaudium, 87).
Es droht hier allerdings die Gefahr einer Trübung des Hochgefühls. Hat sich nämlich die durch die päpstliche Harmonielehre erzeugte moralische Erhebung des Gemütes ein wenig abgeschwächt und darf ein Gedanke sich wieder regen, könnte bei dem einen oder anderen zum Beispiel durch Erinnerung an den eigenen Griechischunterricht die Frage auftauchen, ob denn „Dialog“ klassischerweise nicht gerade die Konnotation von Rede und Gegenrede bei sich habe? Genau diese Konnotation ist im bergoglianischen Begriff des Dialogs aber getilgt, es fehlt jenes zentrale Moment des sokratischen Dialogs, das durch den intellektuellen Streit von These und Antithese, mithin durch rationale Argumentation bestimmt ist, weil sich nur auf diese Weise die Erkenntnis der Wahrheit vermittelt. Die Wahrheit ist in sich selbst jedoch keineswegs die Synthesis des logisch Unversöhnlichen, sie liegt auch nicht notwendig in der Mitte. Wäre das so, müßte ja gerade nicht um sie gerungen werden. Sie liegt da, wo sie eben liegt, und sie muß entdeckt werden.
Franziskus exkludiert die wahrheitstheoretische Grundbestimmung des Dialogs ausdrücklich: „Der Tunnel wurde von einer Seite zur anderen gebaut, um eine Verbindung zwischen zwei unterschiedlichen und voneinander entfernten Orten zu schaffen. Dazu ist der unterirdische Gang da. Er verbindet, das heißt, er schafft eine Bindung. Manchmal denken wir, dass die Begegnung der Religionen eine Frage ist, bei der es darum geht, um jeden Preis Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Lehren und religiösen Bekenntnissen zu finden. In Wirklichkeit kann es passieren, dass ein solcher Ansatz uns am Ende auseinanderbringt, weil die Lehren und Dogmen einer jeden Religion unterschiedlich sind. Was uns einander wirklich näherbringt, ist eine Verbindung zwischen unseren Unterschieden zu schaffen, darauf zu achten, Bande der Freundschaft, der Aufmerksamkeit und der Gegenseitigkeit zu pflegen.“1
Genau das wiederholte Franziskus bei seiner „interreligiösen Begegnung mit Jugendlichen“ in Singapur: „Eines der Dinge, die mich an euch jungen Menschen hier am meisten beeindruckt haben, ist eure Fähigkeit zum interreligiösen Dialog. Und das ist sehr wichtig, denn wenn ihr anfangt zu streiten, „Meine Religion ist wichtiger als deine...“, „Meine ist die wahre, deine ist nicht wahr...“, wohin führt das? Wohin? Antwortet mir jemand, wohin? [Jemand antwortet: „Zerstörung“]. So ist es. Alle Religionen sind ein Weg, um zu Gott zu gelangen. Sie sind - ich mache einen Vergleich - wie verschiedene Sprachen, verschiedene Idiome, um dorthin zu gelangen. Aber Gott ist Gott für alle. Und weil Gott der Gott für alle ist, sind wir alle Kinder Gottes. „Aber mein Gott ist wichtiger als deiner!“ Ist das wahr? Es gibt nur einen Gott, und wir, unsere Religionen sind Sprachen, Wege zu Gott. Einige sind Sikhs, einige Muslime, einige Hindus, einige Christen, aber es sind verschiedene Wege. Understood?“2
Ich denke, wir haben die Botschaft verstanden. Vielleicht haben wir sie sogar besser verstanden als der Fragende. Daher erlaube ich mir zwei Anmerkungen.
Zum einen: Sokrates und Platon geht es deswegen grundlegend darum, dass wir zur Erkenntnis des Wahren gelangen, weil es die wirkliche Wirklichkeit - das Sein - ist. Der Mensch ist von seiner geistigen Natur her auf dieses wahrhaft Wirkliche hingeordnet, es bildet den Gegenstand seiner tiefsten Sehnsucht. Das Wahre ist zugleich das Gute, beide Dimensionen sind nahtlos aufeinander abbildbar. Und weil niemand umhin kommt, so Aristoteles, für sich das Gute, also die eigene Glückseligkeit zu wollen, sucht der Mensch die Wahrheit und erstrebt die Auflösung des Scheins. Denn er spürt ganz genau, dass derjenige, der außerhalb der Wahrheit, also in der trügerischen Welt des Illusionären lebt, nie zum Glück und damit nie zu sich selbst findet. Er versteht, dass es außerhalb des Wahren nur die Verwüstung im Uneigentlichen, im Nichtigen gibt. Das Nichtige bedeutet zugleich die Zerstörung der Gemeinschaft. Im Unwahren kann es keine Einheit geben, weil sich in der Unwahrheit alle gerade nicht in der wirklichen Wirklichkeit finden, sondern sich nur in ihrer jeweiligen illusionären Perspektive wechselseitig bestätigen. Außerhalb der Wahrheit gibt es nur Separation, die auch dann noch eine solche ist, wenn sich alle im Stuhlkreis scheinbar harmonisch zusammenfinden und ihre möglichen Truggebilde kritiklos nebeneinander legen.
Aus diesem Grund ist der dia-logos der griechischen Metaphysik wesenhaft darauf ausgerichtet, dass wir uns über die Unwahrheit aufklären. Das hat schon Sokrates den Tod gebracht. Er fordert nämlich, dass sich die Gesprächsteilnehmer gemeinsam auf das Wahre hin transzendieren und bereit sind, ihre jeweiligen Scheinwelten zu verlassen. Dieser Dialog sieht in der Gemeinschaft im Gemeinsamen apriori überhaupt keinen Wert. Denn es könnte ja sein, dass einige oder alle Dialogpartner gerade im Unwahren übereinstimmen und sich mit der wechselseitig respektvollen Anerkennung ihrer unwahren Positionen moralisch hochtrabend im Nichtigen verschanzen. Das wäre dann nichts anderes als gemeinsames Einsamsein. Deswegen geht es den Griechen um einen Dialog, in dem sich die Dialogpartner gerade dadurch respektieren, dass sie sich durch das erkenntnistheoretisch unverzichtbare Mittel von Rede und Gegenrede unnachsichtig in Frage stellen und in Frage stellen lassen. Sie haben diesen Willen, weil sie sich um ihre Selbstaufklärung bemühen wollen, was nichts anderes heißt, als dass sie sich gerade um ihrer eigenen Glückseligkeit willen auf die Wahrheit hin überschreiten wollen. Während sich im bergoglianischen Dialogverständnis keine gemeinsame Selbsttranszendenz ereignet, weil aus sentimentalen Harmonieerwägungen der Argumentationsstreit um die wahre Lehre fehlt und deswegen alle doch nur bei sich selbst und in ihren möglichen Irrtümern verbleiben, enthält der sokratische Dialogbegriff nicht nur die Möglichkeit echter Selbstüberschreitung, weil es den Dialogpartnern darum geht, der Wahrheit die Ehre zu geben, sondern ebenso die Chance des Erreichens einer im Wortsinne wahren Gemeinsamkeit, eben weil sie durch die Wahrheit selber gestiftet wird.
Die Insinuation Bergoglios ist einfach unwahr, dass aus dem Wahrheitsstreit notwendigerweise nur Zerstörung folge. Das kann nur dann passieren, wenn die Dialogpartner nicht von vornherein darin verbunden sind, die Wahrheit erkennen zu wollen. Der Wille zu einem argumentativen Streit, der der Erkenntnis der Wahrheit dient, ist etwas ganz anderes als der bloße Wille, über einen anderen zu triumphieren. Diese beiden Willen sind gegenläufig; der erste ist selbstlos, der zweite egozentrisch. Dementsprechend müßte der Papst seine Zuhörer, die verschiedenen Religionen angehören, vorrangig zu jener Selbstlosigkeit auffordern, die die notwendige Ermöglichungsbedingung eines produktiven Wahrheitsstreites ist, der allein die Chance in sich trägt, dass die Dialogpartner in der durch ihn vermittelten Erkenntnis der Wahrheit ihre Freiheit vom Trug und damit wirklich zueinander finden.
Speziell an die Christen gewandt, könnte der Papst dann dazu ermuntern, im interreligiösen Dialog all die Argumente zur Geltung zu bringen, die die christliche Lehre vernünftig plausibilisieren: Ist ein abstrakter Monotheismus überhaupt denkbar? Muß Gott, wenn er lebendig sein soll, nicht in sich selbst Unterschiede hervorbringen? Ist die Trinitätslehre nicht die Voraussetzung dafür, Gottes Wesen als Liebe zu bestimmen? Ist es ohne Christus überhaupt denkbar, dass der Mensch am göttlichen Leben inneren Anteil gewinnt, ohne in seiner Kreatürlichkeit zerstört zu werden? War es nicht gerade die christliche Gottesrede, durch die wir unser eigenes Personsein und damit den spezifischen ontologischen Status und die unveräußerliche Würde der menschlichen Individualität entdeckt haben? Die Liste dieser Fragen könnte lang fortgesetzt werden. Warum sollte man anderen die Argumentationsleistungen dieser Lehre vorenthalten?
Umgekehrt könnten Christen vom Islam etwa die bleibende Bedeutung der „theologia negativa“ wieder lernen. Denn dass Gott Mensch geworden ist, bedeutet keineswegs, dass er seine Transzendenz und unbedingte Majestät, seine wesenhafte Unbegreiflichkeit und Unverfügbarkeit verloren hat. Die sakrilegischen Auswüchse der liberalen Theologie und die atemberaubende Zudringlichkeit, mit der im Raum des Christentums unter Verweis auf den geschwisterlichen Gott die Gottheit verdinglicht und dem menschlichen Verfügungszugriff unterworfen wird, könnten ein interreligiöses Korrektiv gut gebrauchen. Ein echter interreligiöser Dialog könnte also ausgesprochen attraktiv sein. Leider wird er durch Jorge Bergoglios Dialogidee präzise verhindert.
Zum anderen: Die bergoglianische Botschaft eines Dialogs, der den Wahrheitsstreit systematisch ausklammert, hat etwas entschieden Infames an sich. Sie ist manipulativ und selbstherrlich. Das ist diese Botschaft deswegen, weil sie eine Ebene diskreditiert, die sie tatsächlich selber bespielt und durch ihre Diskreditierung zugleich – und zwar auf zweifache Weise - unangreifbar macht. Diskreditiert wird das Prinzip „Lehre“, also einer in gedanklicher Gestalt auftretenden Theorie. Es soll ja nicht mehr um argumentierende Rationalität, sondern um Empfindungssensibilitäten gehen. Aber diese Diskreditierung entstammt selber einer Lehre. Tatsächlich gibt es überhaupt keine Theoriefreiheit, das ist uns schlechterdings unmöglich. Der scheinbar theoriefreie Franziskus ist seinerseits vollgestopft mit Theorie, all seine Äußerungen, auch die zum interreligiösen Dialog, sind Resultate einer bestimmten theologischen Position. Diese Theorie ist miserabel, aber es ist, jedenfalls rudimentär, eine Theorie. Sofern diese Theorie argumentative Streitzusammenhänge aber nicht nur für unerheblich, sondern für zerstörerisch hält, immunisiert sie sich gegen argumentative Infragestellungen ihrer selbst. Der theoretisch gegen diese Theorie argumentierende Theoretiker wird von dieser antitheoretischen Theorie als theoretisierender Theoretiker beschimpft und aus dem Spiel geschlagen. Das heißt: Die bergoglianische Position realisiert schamlos einen performativen Selbstwiderspruch, über den sie sich im Zirkel dieses Selbstwiderspruchs notorisch nicht aufklären lassen will. Man steht fassungslos vor dieser Unverschämtheit und ist geneigt, mit Aristoteles zu sagen: Es gibt Leute, die verdienen auch gar keine Argumente mehr, sondern nur noch Zurechtweisung.
Dieser eigentümlichen Selbstimmunisierung der bergoglianischen Lehre entspricht die moralische Diskreditierung ihrer Gegner. Betrachtet man die bergoglianischen Einlassungen zum Dialog mit schärferem Auge, sieht man, dass der moralische Erhabenheitsnimbus des anti-argumentativen Dialogs genau diesen moralischen Delegitimierungseffekt der Kritiker produziert. Jeder, der bei Bergoglios Dialog nicht mitmacht und statt dessen den sokratischen Dialog fordert, muß ein böses Subjekt, also ein rationalistischer, solipsistischer, hartherziger, spaltender, rigoristischer Fundamentalist sein. Er ist nachgerade sakrilegisch. Auf jeden Fall gilt er als anti-jesuanisch. Diese Finsterlinge wollen keinen „Tunnel der Freundschaft“, sie verweigern sich der „Erfahrung der Brüderlichkeit“. Und in der Tat fehlt es in des Papstes Ansprachen nicht an Warnungen vor diesen beziehungsgestörten „Starren“, die im schöpferischen bergoglianischen Wortschatz auch als die „Indietristi“ hinlänglich bekannt sind.
Man muß sich die Frage stellen, warum sich die bergoglianische Position derart hartnäckig dem sokratischen dia-logos verweigert und sich nicht scheut, selbst die bösartigsten Mittel der Diskreditierung ihrer Gegner anzuwenden. „Diskurspolizeiliche Maßnahmen“ nennt Foucault das. Zu diesen Maßnahmen greift nur eine Position, die ihrer Macht noch nicht vollkommen sicher ist, die noch nicht alles durchdrungen hat und darum noch repressiv werden, das Licht der Vernunft meiden und die argumentative Diskussion verächtlich machen muß.
Ich denke, es ist ziemlich klar, was das hintergründige nervöse Zentrum, der geheime Bezugspunkt der überbordenden bergoglianischen Dialogtheorie ist. Das ist der Christus. Der Dialog ist genau so konzipiert, dass über ihn nicht mehr gesprochen werden soll - und auch nicht mehr gesprochen werden kann. Denn derjenige, der von sich sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14,6), sprengt eo ipso den von jedweder partikularen Glaubenstradition befreiten Dialog, dessen Ziel es ist, sich unterhalb der dogmatischen Bekenntnisse im Tunnel zu begegnen und dort den „einen Gott für alle“ zu feiern.
Aber warum haben überhaupt alle religiösen Lehren und Traditionen zwar als „kulturelle Reichtümer“ zu gelten, müssen substantiell aber unbedeutend sein? Der Christus ist mit seinem religionsgeschichtlich singulären Selbstanspruch nur der ärgerlichste Fall der absoluten Wahrheitsansprüche partikularer religiöser Traditionen, die sich logisch nicht ineinander übersetzen lassen. Warum ist es für Jorge Bergoglio so wichtig, dass die verschiedenen Erlösungslehren, somit auch der Christus, nur „Dialekte“, prinzipiell gleichrangige Annäherungsversuche an den „einen Gott für alle“ sind? Woher kommt dieser Eifer für die Schleifung der religiösen Dogmatiken und die Apotheose der unterirdischen One-World-Religion?
Logisch kann es darauf nur eine Antwort geben: Weil es dieser Perspektive überhaupt nicht mehr primär um die Religion als solche, sondern um ein religionsverschiedenes Motiv geht, das sodann zum Hauptmotiv der Religion überhaupt erklärt wird. Und dieses leitende Motiv ist die Förderung der „einen einzigen globalen Menschheitsfamilie“3, also der universalen natürlichen Geschwisterlichkeit, der die Religionen zu dienen haben. Der Jorge Bergoglio leitende Religionsbegriff ist streng funktionalistisch. Das gesamte bergoglianische Pontifikat hat sich – bis in die Komplizenschaft mit der globalistischen Hochfinanz und dem World Economic Forum – in den ausschließlichen Dienst an der natürlichen Menschheitsfamilie und dem Schutz für „Mutter Erde“ gestellt. Diesen öko-humanitaristischen Dienst können die Religionen nur dann reibungslos erbringen, wenn sie ihre jeweiligen Dogmatiken relativieren und sich mit dem abstrakten Gott für alle zufrieden geben, der für sich selbst nichts mehr reklamiert und deswegen als Funktion am Öko-Humanitarismus bestimmbar ist. Auf diese Selbstrelativierung zielt die hochmoralisch aufgeladene Dialogpropaganda, die den Religionen suggerieren will, dass es der zentrale religiöse Imperativ sei, sich primär der Pflege der natürlichen universalen Brüderlichkeit zu verschreiben.
Unmittelbaren Zugriff hat Bergoglio jedoch nur auf die katholische Kirche. Von dieser Zugriffsmöglichkeit macht er reichlich Gebrauch, denn die Kirche soll nach des Papstes Absicht für alle Religionen der öko-humanitaristische Leuchtturm werden. Intensiv widmet sich Franziskus seit Pontifikatsbeginn der Umprägung der Kirche zu einer solchen integrativen Funktion an der „Brüderlichkeit aller Menschen“, einer Umprägung, die an ihrer wichtigsten Stelle den johanneischen Christus unkenntlich machen muß, weil sich der Christus schlechterdings nicht für Zwecke, die außerhalb seiner selbst liegen, funktionalisieren läßt. Dem Christus geht es nur darum, dass alle Menschen an Seinen heiligen Namen glauben, Ihn anbeten und so ihr ewiges Heil finden. Aber wie kann man diese Christologie hinter sich lassen? Das geht für einen Papst nur indirekt. Unkenntlich gemacht werden soll der Christus durch die Taktik, ihn zu einer sekundären religiösen Traditionsbildung zu erklären. Er bekommt den Status eines netten kulturellen Ornaments.
Den Christus dergestalt loszuwerden ist aber ein zähes Projekt. Es gibt viele Widerstände und hartnäckige traditionale Residuen. Noch leuchtet es nicht jedem ein, dass der Christus nichts anderes sein soll als eine bloße Traditionsbildung oder der Jesus der grenzenlosen Barmherzigkeit, der „alle, alle, alle“ voraussetzungslos willkommen heißt und dessen Botschaft lediglich in der Rede von der allein bedeutsamen natürlichen Geschwisterlichkeit aller und eines Gottes bestehen soll, der alles und alle gütig akzeptiert – bis auf die Starren. Noch gibt es also in der Kirche letzte Echos dieses störenden Glaubens an die göttliche Person Christi. Bis diese Erinnerungsspuren völlig paralysiert sein werden, gibt es daher noch viel zu tun. Kein Elefant verwest an einem Tag. Deshalb versucht Papst Franziskus mit großer Energie, vor allem die religiöse Jugend der Welt über sein interreligiöses Dialog-Projekt für seine eigentliche Ideologie zu instrumentalisieren, postchristliche Bischöfe zu fördern, argumentationsfeindliche Stuhlkreise, Synoden genannt, in der Kirche strukturell zu implementieren und ansonsten die Weichen für Papst Franziskus II. zu stellen.
Was müssen wir tun? Wir müssen die bergoglianische Ideologie präzise identifizieren, die Manipulationsmaschinerie dieses Pontifikates analysieren, dessen Machtpolitiken, rhetorische Selbstschutzstrategien und diskurspolizeiliche Machenschaften durchschauen, und dann müssen wir uns uneingeschüchtert dem päpstlichen Vernunft- und Sprechverbot widersetzen und präzise und immer lauter gerade von dem reden, von dem nicht geredet werden darf, von Jesus Christus, dem einzigen und wahren Logos Gottes.